Am Sonntagmorgen bin ich zur Ostsee gefahren als alle Urlauber noch in ihren Betten lagen. Ich entdecke gerade die Ostsee für mich, denn tatsächlich kenne ich noch nicht allzu viel von ihr und hatte sie immer gemieden, wegen der vielen Menschen im Sommer an den Stränden. Ich fahre eigentlich lieber an Seen und suche nach ruhigen Plätzen, an denen ich allein sein kann. Mit Tipps von meinen Nachbarn im Gepäck fuhr ich in die Nähe von Dierhagen. Zufällig macht dort ein Freund aus Berlin gerade Urlaub, so konnten wir uns beide nach drei Jahren endlich auch mal wieder sehen.

Mein erster Weg führte mich aber erst einmal an den Strand der mir empfohlen wurde von meinen Nachbarn. Dort lernte ich Anneliese kennen aus dem Erzgebirge. Sie lächelte mir schon zu als ich den Strandaufgang hochlief. Sie saß in der Sonne und genoss den noch wolkenverhangenen Himmel, der uns vor der Morgensonne schützte, aber schon ankündigte, das es bald ein herrlicher Sommertag werden würde. Ich selbst genoss die Ruhe und menschenleere. Den Blick auf den Horizont gerichtet. Nur ich und das Rauschen des Meeres. Unfassbar dieser Moment, ein Moment zum ein- und ausatmen.

Eine warme leichte Brise wehte durch die Luft und schickte den Duft der Moosrose vom Strandaufgang bis zu meiner Picknickdecke. Der wunderschöne Sandstrand unter meinen Füßen war kühl und weich. Die Wellen schoben noch eine ruhige Kugel. Die wechselnde Wärme und Kühle des klaren Wassers schüttelte die letzte Morgenmüdigkeit von mir ab. Am Strand fand ich zwei weiße große Federn und einen Herzstein. Wieder ein Herz am Strand. Das ist doch kein Zufall?!

Anneliese und ich kamen nach meinem Badeausflug ins Gespräch. Sie ist eine Allein-Reisende braungebrannte Powerfrau (ca. 60 Jahre), mit Rucksack auf dem Rücken und hat ein buntes Tuch um den Kopf geschlungen, die ihren Kater vermisst, und sich ein „Schneckenhaus“-Anhänger, um noch mehr Freiheit zu haben, gekauft hat. Seit 32 Jahren macht sie an diesem Ort und Strand Urlaub, weil die Touristen eher weiter fahren, direkt nach Dierhagen. Am Strand liegen sie oft am Strandaufgang und gehen nicht so weit den Strand hinauf. Obwohl es dort die schönsten Plätze gibt fast menschenleer. Hier kann man also tatsächlich auch allein sein, wenn man es braucht.

Anneliese arbeitete den Großteil ihres Lebens in der Pharmaindustrie. Aufgrund des hohen Arbeitspensums hatten sie ein Burn Out und verließ dann das Unternehmen als Rentnerin. Heute reist sie um die Welt, probiert sich aus und lernt Menschen kennen. Auf dem Weg zur Ostsee war sie bei einem Schamanen und hat Freunde besucht. Im nächsten Jahr ist sie wieder hier, aber diesmal nicht allein, denn der Kater fährt mit in den Urlaub, und mit einem kleinen Haus auf dem Campingplatz.

Ich liebe Tage an denen solche zufälligen Begegnungen den Tag zu etwas besonderen werden lassen.

Meinen Freund habe ich auch gesehen, es war als wären erst ein paar Wochen vergangen seit unserem letzten Wiedersehen. Wir haben so viel gelacht und geplaudert, Geschichten erzählt und den Tag am Strand genossen, dass ich abends zu Hause völlig sonnenverzaubert, bis in den Morgen noch getanzt habe.